Jahrmarktsfreuden

Ein Karussellpferd kommt zur Welt

Im Wald die Bäume, wissen sie, 
wozu empor ins Licht sie wachsen,
wozu jahraus, jahrein den Ring
sie weiter gürteln um die Achsen?

Wozu sie in des Berges Schlucht
verschlingen brausend sich zum Kranze
und hoch im endlos goldnen Blau
verzückt die Wipfel drehn im Tanze?

Es kommt der Tag, da haut die Axt
sie um bis auf die zähe Wurzel,
und Hirt und Herde tief im Tal
erschreckt ihr polterndes Gepurzel.

Des Laubs beraubt und Rumpf an Rumpf
bereisen sie als Floß die Fluten,
bis dass nach langer Fahrt im Port
man sie befreit von ihren Nuten.

Schon harrt ein hoher Saal auf sie
voll stählern sausender Maschinen, 
wo Menschen bei der Arbeit stehn
mit ernster Spannung in den Mienen.

Die Säge knirscht in der Fabrik,
und festlich schält sich aus der Stanze
das frischgeborne weisse Pferd,
das Bein erhebend schon zum Tanze.
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Die Pferde dort im Karussell
auf ihrer perlumkränzten Scheibe,
ach, wissen sie, wenn sie sich drehn,
dass sie der Bäume Herz im Leibe?

Dom

Die ihr vor Neugier nach dem Mars vergeht,
strömt hin zum Dom, dort könnt ihr sehn
zu Blumen Pferde sich verdrehn,
den Orgeln sanft ums Herz geweht.

Da wälzt - gemalt - sich wie ein Berg
ein Gulliver das Zelt entlang,
und jede Falte scheint ein Gang,
darin es wimmelt von Gezwerg.

Den Hut von Fahnen überweht,
die Wurst, die Waffel noch im Mund,
werft euch, vom Höllenlärm umkräht,
dem Teufel selber in den Schlund.

Ins kleine Zelt dort tretet ein
und durch die Lupe seht den Floh
maßloser Wirklichkeit, o Schein,
auf einem Stern, ich weiss nicht wo!

Und fortgeschwemmt ins Lichtgeschrei
Zerfragt die Nacht mit fahlem Mund,
wer goss in dieses Kessels Rund
vom Mars uns wie zerfratztes Blei?

Fahrt auf der Geisterbahn

Die Tür springt auf, und unser Wagen,
dem Teufel saust er durch den Magen,
vorbei an Schädeln weiß wie Kreide
tief in den Qualm der Eingeweide -
da - ein Gerippe - siehst du’s schlenkern ? -
vorbei - schon sind wir unter Henkern,
die eine Frau beim Zopfe packen,
du schließt die Augen, doch im Nacken
spürst du den Hieb von einem Knochen,
dass mit dir alle Sinne kochen,
schon willst du schrein, da sehn mit Grausen
wir auf uns zu - uns selber sausen,
vorbei - o Glück, es war ein Spiegel -,
und taumelnd aus dem Höllentiegel
zurück ins Licht, ins Weltgewimmel
bekennen wir mit einem Beben -
schien oft uns Hölle auch das Leben,
nach diesem Spuk uns dünkt’s der Himmel.

Auf den letzten Azteken

Ein Zwerg, geschmückt mit fürstlichem Gepränge,
wie Asche grau vom Kopf bis zu den Zehen,
liess sich vor einer jahrmarktbunten Menge
der letzte Sprössling der Azteken sehen.
Nun starb auch er, um in Museumsenge
als letzte Spur von deinem Mordvergehen,
Europa, ausgestopft, mit stummer Strenge
noch lange Zeit dich richtend dazustehen.

Karussell

I
Weißt du noch, wie wir gestanden
damals, Freund, am Karussell
und die gläsernen Guirlanden
uns umsprühten wie ein Quell?

Weißt du noch, wie wir verliebten,
ach, uns in dieselbe Schöne
und zu Funken fast zerstiebten
in dem Wirbeltanz der Töne?

Weißt du noch, wie wir gehalten
stolz das Pferd, das sie geritten,
wenn des Röckchens rasche Falten
zärtlich uns vom Sattel glitten?

II
Weißt du noch, wie auf der Leiter
uns der Mann die Birne drehte
und uns atemlose Reiter
durch das Zelt der Taumel wehte,

bis der buntlackierten Birne
endlich doch der Ring entrissen,
tats zu oft dieselbe Birne,
o nicht schwer, den Grund zu wissen,

flammte sie doch hell wie Zunder
vor mir her durchs Glasgefunkel,
Kreisel, ach, wer hat dich Wunder 
Spurlos mir gepeitscht ins Dunkel?