
Carl Albert Lange über „Mondmusik“ im „Kabinett der kleinen Freuden“ Seite 192: ‚Daß solche Verse ohne „Schlüssel“ nicht zu verstehen sind, liegt auf der Hand, aber sie wollen auch gar nicht „übersetzt“ sein. Man übersetzt ja auch die Töne eines Musikwerks nicht in Worte. Wir befinden uns hier an der mystischen Lautgrenze – diesseits der Sprache und jenseits der Musik. Es lieg eine tiefe Symbolik darin, daß Feruccio Busoni seinen „Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst“ dem „Musiker in Worten“ Rainer Maria Rilke gewidmet hat. In meiner Dichtung „Mondmusik“ habe ich das Problem der „Phantasiesprache“ in der Weise zu lösen versucht, daß ich „Mondsprache“ mit „Normalsprache“ kontrastiert habe, um so das für den Verstand abstrakt Unversändliche doch für das Ohr konkret verständlich zu machen.‘
Mond wirft weißen Regen auf mein Fensterbrett, singt mir seinen Segen sänftigend ins Bett. Silber säumt die Blätter auf dem Fensterbrett, eine fremde Letter schattend mir aufs Bett. Und den weißen Regen her vom Fensterbrett seh ich breit sich schrägen, bis wie Schnee mein Bett.
Mondmusik: 7
Silberne Leiter wirfst Du mir zu? O wie so heiter wiegt sich mein Schuh. Gläserne Flosse flügelt sich mir, Sprosse um Sprosse klimm' ich zu dir. Mond, in dein kaltes Schweigen aus Stein, laß in dein altes Bergwerk mich ein!
Mondmusik: 10

Und da winkt mir die Erde, wie glüht sie so rot, noch blüht sie, die Rose, noch ist sie nicht tot. Ich eile, ich gleite auf mondlichem Strahl zurück nun ans Herz ihr - und hätte der Qual sie mehr noch uns Menschen, uns armen bereit, ich hängte mich dennoch ihr selig ans Kleid!
Mondmusik: 33
